Ein zielgerichtetes Engagement der Kommunen lohnt sich also. Trotz der Konkurrenz durch die vielen im letzten Jahrzehnt entstandenen Eigenheimsiedlungen und trotz der zurückgehenden Einwohnerzahlen belegen die Integrierten Stadtentwicklungskonzepte (ISEKs) vieler Städte, dass immer noch ein Bedarf für den Neubau selbst genutzter Wohnhäuser besteht. Auf Grund der geburtenstarken Jahrgänge der 80er Jahre sind noch bis etwa 2010 in nennenswertem Umfang Haushaltsgründungen zu erwarten. Gelingt es, diese Bevölkerungsgruppen verstärkt für ein Bauen in der Innenstadt zu gewinnen, so profitieren alle davon: Die Bauherren, weil der Wohnstandort Innenstadt eine hohe Wohnqualität bietet, die wegen des dichten Netzes verschiedenster Funktionen (Wohnen, Arbeiten, Dienstleistungen, Handel, Kultur, Freizeit) die städtebaulichen Schrumpfungsprozesse am ehesten überstehen wird. Diese Prozesse werden neue Freiräume für grüne Zonen und eine kinderfreundliche Wohnumfeldgestaltung entstehen lassen, was die Qualität des Wohnstandortes Innenstadt weiter erhöhen kann. Das freistehende Eigenheim auf der „grünen Wiese" verliert dagegen zunehmend an wirtschaftlicher Attraktivität; der teilweise dramatische Verfall der Wiederverkaufswerte in den letzten Jahren belegt dies. Die anfänglichen Preisvorteile des Grundstückserwerbs im Umland werden zusehends durch die steigenden Mobilitätskosten aufgezehrt, zumal die Pendlerpauschale nach der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene im hier in Rede stehenden Entfernungsbereich (bis 20 km) abgeschafft wird. Eine Modellrechnung des Ministeriums für Arbeit, Bau und Landesentwicklung zeigt, dass der höhere Baulandpreis im innerstädtischen Bereich bereits nach wenigen Jahren durch die geringeren Kosten für das Auto ausgeglichen wird. Hinzu kommt der erhebliche Zeitgewinn in einer Stadt der „kurzen Wege". Die Städte profitieren, weil es sich bei den Bauwilligen vielfach um junge Familien handelt, die für die langfristige Stabilität der Innenstädte wichtig sind. Und unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist zu bedenken, dass der Neubau von Wohnungen auf der grünen Wiese eine verkehrliche, technische, soziale und kulturelle Infrastruktur erfordert, die zu schaffen und dauerhaft zu unterhalten bei dramatisch abnehmenden Bevölkerungszahlen immer problematischer wird.
Zielgruppe der Initiative „Neues Wohnen in der Innenstadt" sind diejenigen Bauwilligen, für die aus den verschiedensten Gründen eine sanierte Innenstadtwohnung nicht in Betracht kommt und die deshalb zu einem neu errichteten Eigenheim außerhalb der Innenstadt tendieren. Angesichts vieler Baulücken und Brachen ist in den Innenstädten ein ausreichendes Angebot an Grundstücken für den Neubau von Wohnungen vorhanden. Das allein genügt aber nicht. Erforderlich ist vielmehr ein aktives Werben der Städte um potentielle Innenstadtbewohner. Dazu ist es notwendig, konkrete Lösungen zu präsentieren, die sich eng an den Bedürfnissen der Nutzer orientieren und diesen vorführen, dass sie ihre Wohnvorstellungen auch in der Innenstadt verwirklichen können. Während nämlich für das Bauen in den Eigenheimgebieten standardisierte und überall anzutreffende Formen vorhanden sind, ist das Eigenheim in der Innenstadt zumindest in Mecklenburg-Vorpommern ein weitgehend „unbeschriebenes Blatt". Deshalb fehlt vielen die Vorstellung, wie ihr Haus in der Innenstadt aussehen könnte; sie gehen den vermeintlich einfacheren Weg auf die „grüne Wiese".
Gleichzeitig soll das innerstädtische Bauen einen Beitrag zur Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern leisten. Ziel ist die Errichtung von Gebäuden, die sich sensibel in die Umgebung der (zumeist historischen) Innenstadt einfügen und zugleich eine moderne Formensprache pflegen. Erforderlich sind städtebaulich und architektonisch ansprechende Lösungen, die auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten sind und ein kostengünstiges Bauen ermöglichen. Besonderes Augenmerk gilt dabei innovativen Ansätzen wie dem generationsübergreifendem Wohnen und flexiblen Nutzungsformen. Das Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung möchte in Zusammenarbeit mit der Architektenkammer Städte und Bauwillige dabei unterstützen, an geeigneten Innenstadtstandorten modellhaft eine Lückenbebauung zu entwickeln, die diesen Anforderungen genügt.