Kein einziges behördliches Verfahren wird durch die Einführung dieser Berechtigung jedoch entfallen oder einfacher. Mecklenburg-Vorpommern hat bereits das weitestgehende deregulierte Baugenehmigungsverfahren. Der jetzt geplante Schritt stellt hingegen keine Deregulierung dar, da die Ressourcen des Systems zusätzlich belastet werden. Es gibt in Deutschland keine für das Bauordnungsrecht zuständige Fachbehörde, die ihrer Regierung eine Bauvorlageberechtigung für Handwerker und Techniker empfehlen würde.
„Die durch Eintragungen und laufende Kontrollen zu prüfenden Berechtigungen würden zudem bei uns als zuständige Berufskammer neue, unnötige und kostenaufwändige Bürokratie in erheblichem Umfang erzeugen“, sagt Dr.-Ing. Gesa Haroske, Präsidentin der Ingenieurkammer Mecklenburg-Vorpommern.
Bei der „eingeschränkten Bauvorlageberechtigung“ für Bauingenieure argumentiert das Land, es folge einer Kompromiss-Vereinbarung zwischen Bauministerkonferenz und EU-Kommission und diese sei zur Abwendung einer Klage der EU-Kommission zwingend umzusetzen. Dem widersprechen die Kammern mit Nachdruck. Die geplante Regelung greift deutlich zu weit.
Gleichzeitig bedeuten beide Berechtigungen eine Gefahr für die Verbraucher. Die Bauvorlageberechtigung ist in Mecklenburg-Vorpommern bislang an eine Pflichtmitgliedschaft in einer deutschen Architekten- oder Ingenieurkammer oder an eine vergleichbare europäische Eintragung gebunden. Mindestens müssen dafür ein fachbezogenes Architektur- oder Bauingenieurstudium und aus gutem Grund eine mehrjährige Berufserfahrung sowie eine Berufshaftpflichtversicherung und laufende Fortbildungen nachgewiesen werden. Das Prinzip der geprüften Experten garantiert den Bauherren eine kompetente Planungsleistung und entlastet gleichzeitig die Behörden. Denn im Gegenzug kann bei vielen Bauvorhaben auf eine Prüfung der Bauvorlagen ganz verzichtet werden bzw. wird nur ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren durchgeführt. Dieses wichtige verbraucherschützende und gleichzeitig die Bürokratie entlastende Prinzip gerät hier erheblich in Gefahr bzw. wird komplett infrage gestellt.
Überdies wäre die Öffnung des Wettbewerbes für Planungsleistungen unter den derzeitigen Rahmenbedingungen des Marktes ein fatales wirtschaftspolitisches Signal in die gesamte Planer-Branche. Im letzten Jahr ist die Anzahl der Baugenehmigungen in M-V erheblich eingebrochen – der private Wohnungsbau ist fast vollständig zum Erliegen gekommen. Viele kleine Planungsbüros kämpfen bereits ums Überleben. Dass Politik in dieser Situation den Marktzugang für neue und auch noch geringer qualifizierte Wettbewerber erleichtern will, ist nicht logisch.